Die Rennwagen-Porträt in der AUTOMOBIL REVUE haben Kultstatus erreicht. Wir von Auto Sport Schweiz sind stolz darauf, dass wir die Werke von Werner Haller (oder in diesem Fall vom ASS-Autor himself) auch bei uns veröffentlichen dürfen. Hier kommt Manuel Santonastasos BMW 318i.
Man kennt ihn! Manuel Santonastaso zählt in der Schweizer Berg- und Slalom-Meisterschaft zu den bekannten Grössen. Das gilt auch für seinen pechschwarzen BMW 318i. 2012 hat ihn Santonastaso gekauft. Weil er eine Strassenzulassung hatte, fuhr «Santi» anfangs damit sogar noch öffentlich herum. «Ich hatte zuvor einen BMW 2002. Und weil ich wegen dem Leistungsgewicht unbedingt auf einem alten Modell bleiben wollte, war der 318er die ideale Wahl.»
Das Auto stammt aus dritter Hand, hatte aber erst rund 60'000 Kilometer auf dem Tacho, als ihn Santonastaso übernahm. Der gelernte Lastwagen-Mechaniker verbrachte fast zwei Jahre damit, das Auto umzubauen. «Wir haben fast alles verkauft, was an dem Wagen dran war», sagt der BMW-Kutscher aus dem Thurgau. «Und ihn dann wieder Stück für Stück zusammengebaut.» Das Herzstück des 318ers ist ein 2-Liter-S42-Motor. Ursprünglich wollte Santonastaso einen S14er aus dem M3 für seinen Rennwagen verwenden. Doch beim Motorenpartner Eggenberger aus Lyss riet man ihm davon ab. «Der S42 ist langlebiger und von der Leistung her nicht weit weg vom S14», sagt Santonastaso.
Rückblickend hat sich der Kauf des S42ers bewährt. Nur einmal hatte Santonastaso ein Problem. In Chamblon 2018 hatte sich ein Zylinder abgemeldet. Sonst läuft das 16-Ventil-Triebwerk tadellos. Dass «Santi» im vergangenen Jahr mit seinem Zweitauto, einem BMW 320 Si WTCC, Slaloms und Bergrennen gefahren ist, ist nicht auf ein Problem mit seinem «Liebling» zurückzuführen. Eine grössere Revision des 318ers war eigentlich schon für 2021 geplant, wurde dann aber um ein Jahr verschoben.
Inzwischen ist der 318er wieder voll einsatzfähig. «Wir hatten ein paar Risse», erzählt Santonastaso. «Vor allem im Bereich des Differenzials, weil dort enorme Kräfte wirken. Wir haben nun zusätzliche Abstützungen montiert, um die Karosserie zu entlasten.» Auch das Schaltgestänge ist neu. Das alte, so Santonastaso, sei «schlottrig» gewesen. Ebenfalls neu verlegt wurde die gesamte Elektrik. Für die Vorbereitungsarbeiten ist der Slalom-Gesamtzweite von 2018 selber verantwortlich. Das Anhängen und Verlöten überlässt der Mann, der ein eigenes Lager-, Logistik- und Umzugsunternehmen führt, dem «Mechaniker seines Vertrauens» Nick Portenier von Egmo.
Neu hat Santonastaso im 318er auch ein ABS eingebaut. Das sei nach dem Unfall in Österreich 2021 mit seinem WTCC-BMW vor allem eine Kopfsache gewesen. Das ursprüngliche Bilstein-Fahrwerk hat Santonastaso schon 2017 ersetzt. «Mit den Slicks von heute war das einfach irgendwann zu weich», erklärt der 56-Jährige.
Bei der Frage, was am 318er alles noch original sei, muss Santonastaso kurz überlegen. «Die Karosserie, weil die ja laut Reglement original sein muss. Ausserdem original sind die Dachschwinge, die Hinterachse, der Achsträger vorne, die Lenkstange, die Bremsen – zumindest hinten – sowie Frontscheibe und Heckleuchte.»
Mit rund 280 PS hat der 318er zwar nicht so viel Power, dank guter Traktion und satten 200 Newtonmeter bereits bei 4500/min schiebt «Santis» BMW aber gehörig aus den Kurven. Allerdings war das nicht immer so. Als der Thurgauer nach einem passenden Getriebe für seinen 318er suchte, wurde er 450 Kilometer von Zuhause fündig. Dieses 25 Kilogramm leichte Magnesium-Getriebe der Marke Holinger wurde 1994 auch in der STW, eine deutsche Rennportserie für Tourenwagen, die von 1994 bis 1999 ausgetragen wurde, eingesetzt, hatte es aber in sich. «Als wir alles montiert hatten und ich meinen Freunden stolz zeigen wollte, wie mein BMW läuft, ist dieser rückwärts gerollt, als ich im ersten Gang angefahren bin. Als ich den Rückwärtsgang eingelegt habe, bin ich vorwärts gefahren.» Der ziemlich verblüffte Fahrer dachte zuerst daran, man habe den Motor falsch gebaut. Nach Rücksprache mit Egmo stellte sich heraus, dass dieses Getriebe ein links drehendes Differenzial benötigt. Noch heute ziehen ihn seine Kollegen deshalb auf. Doch der schlagfertige Santonastaso kontert: «Dafür hatte ich für einen Moment lang das schnellste Auto Rückwärts mit 6 Rückwärtsgängen!»
Schnell ist der Mann mit italienischen Wurzeln sowieso. Das hat er schon mehrfach bewiesen. 2023 will er in der Slalom-Meisterschaft wieder ganz vorne mitmischen. Ob’s zu einem Platz auf dem Podest (wie 2018) reicht? Schwer zu sagen. Denn die Konkurrenz ist gross. Mit Jürg Ochsner, Sergio Kuhn, Marco Geering , Arnaud Donzé und Philip Niederberger gibt es mehrere Sieganwärter in der Interswiss 1601-2000 cm3. An der Bereitschaft, alles zu geben, wird es bei «Santi» und seinem 40 Jahre alten BMW aber bestimmt nicht fehlen!
BMW 318i
Baujahr: 1982
L × B × H (in mm): 4700×1820×1140
Radstand (in mm): original
Gewicht (in kg): 940 (bei 15-Zoll-Reifen)
Karosserie: original, Anbauteile Karbon
Motor: S42 (STW 1994), 2-Liter, 16 Ventile
Getriebe: Holinger (STW 1994), 6-Gang sequenziell
Leistung: 280 PS
Höchstgeschwindigkeit: je nach Übersetzung, ca. 194 km/h