Ralph Boschung hält nach dem Abgang von Louis Delétraz die Schweizer Flagge in der Formel 2 alleine hoch. Mit Auto Sport Schweiz sprach er nicht nur über sein Saisonziel, der Walliser verrät auch, warum diesmal alles besser wird.
Du hast ein Jahr pausiert und dich neu sortiert. Was macht Ralph Boschung in seinem vierten Formel-2-Jahr anders, so dass sich auch endlich der Erfolg einstellt?
Ralph Boschung: Ich wollte 2020 eigentlich in die USA gehen. Die Verträge waren bereits unterschriftsreif, als mir Corona einen Strich durch die Rechnung machte. Rückblickend war das aber gut so. Denn die Partner, die ich für Amerika hatte, entpuppten sich als nicht seriös. Doch dank ihnen lernte ich in Genf neue Leute kennen, seriöse. Und mit ihnen konnte ich dann ein Paket für die Formel 2 schnüren.
Du hattest bisher immer finanzielle Schwierigkeiten und bist noch nie eine Saison zu Ende gefahren. Obwohl das Finale der F2 die letzten Jahre immer in Abu Dhabi ausgetragen wurde, kennst du die Strecke nur aus der GP3. Ist diese Saison denn nun gesichert?
Ja, und darüber bin ich sehr froh. Es ist alles vorfinanziert. Und ich kann mich endlich auf meinen Job als Rennfahrer konzentrieren. In den vergangenen Jahren habe ich sehr viel Zeit damit verbracht, Sponsoren zu finden. Oder solchen hinterherzurennen, die mir Unterstützung zugesagt haben.
Hat dein Image in den letzten Jahren gelitten, weil du in keinem Team zu Ende gefahren bist?
Ende 2019 hat man mich kritisiert – ja. Sogar im Paddock. Aber durch die neue Situation hat sich das geändert. Der Respekt ist wieder da. Und ich will beweisen, dass es auch anders geht.
Darf man fragen, wer dich jetzt so grosszügig unterstützt?
Das ist eine Frau, die in Genf wohnt, dort zwei Boutiquen betreibt und aus der Familie der «Corsica Ferries» stammt.
Du bist 2017 schon für Campos gefahren. Und kehrst jetzt dorthin zurück. Kurz nach der Vertragsunterzeichnung ist der Teamchef Adrian Campos überraschend verstorben. Wie hat sich das auf das Team und dich als Fahrer ausgewirkt?
Das war ein Schock. Adrian war ein guter Freund von mir. Einer der wenigen im Paddock, die es immer ehrlich mit mir meinten. Ich war zum Zeitpunkt seines Todes beim Team in Spanien – gerade beim Training. Sein Sohn, der schon vorher an Bord war, hält nun die Zügel in der Hand. Wir als Team wollen Adrian in diesem Jahr mit guten Ergebnissen gedenken. Es ist eine Art Extra-Motivation für uns. Und dennoch: Es ist traurig. Aber das Leben geht weiter.
Die Hälfte aller F2-Fahrer sind an ein F1-Team gebunden. Du gehörst nicht dazu. Wie bestehst du gegen diese privilegierten Fahrer?
Ich war bisher nie in der Position, um mit einem Formel-1-Team anzubandeln. Dafür waren meine Ergebnisse ganz einfach zu schlecht. Ob die Verbindung zu einem F1-Team immer hilfreich ist? Ich weiss es nicht. Nicht jedes Programm führt dich in die Formel 1. Meine Priorität liegt in diesem Jahr darauf, eine Saison sauber vom ersten bis zum letzten Rennen zu absolvieren.
Dein bisher bestes Ergebnis sind drei siebte Plätze. Was hast du dir für 2021 für ein Ziel gesetzt?
Natürlich habe ich mir Ziele gesetzt. Aber ich will da nicht ins Detail gehen. Ich will auf jeden Fall konstant Ergebnisse abliefern. Da hilft es mir sicher, dass ich im Kopf freier bin als in den Jahren zuvor. Entschuldigungen gibt es keine! Ich muss 2021 abliefern. Vor allem bei Rennen in Monaco oder Baku. Dort habe ich gegenüber anderen einen Erfahrungsvorsprung.
Was, wenn plötzlich alles wie am Schnürchen läuft und du um den Titel fährst?
Gegen positive Überraschungen habe ich nichts einzuwenden! Allerdings muss man realistisch sein. Die Chance, in die Formel 1 aufzusteigen, ist gering. Selbst einer wie Nyck de Vries, der den Titel 2019 gewonnen hat, und der über gute Beziehungen verfügt und sich politisch stark positioniert hat, hat es nicht in die Formel 1 geschafft.
Gäbe es denn Alternativen für dich?
Ja, die IndyCar-Serie würde mich reizen. Und mit der Unterstützung, die ich jetzt im Rücken habe, könnten solche Wünsche auch in Erfüllung gehen. Aber zuerst heisst es natürlich: Volle Konzentration auf die bevorstehende Formel-2-Saison.
Und die geht diesen Freitag los.
Richtig. Mit einem neuen Format. Wir haben am Samstag neu zwei Sprintrennen. Und erst am Sonntag vor dem F1-GP tragen wir dann das Hauptrennen aus.