Champions-Week statt Champions League! Wir stellen Ihnen Woche für Woche einen Schweizer Champion nach dem anderen vor. Los geht es mit Jonathan Hirschi, Schweizer Rallye-Meister 2023.
Bei fünf Rallyes am Start – bei fünf Rallyes auf dem obersten Treppchen! Jonathan Hirschi hat die Schweizer Rallye-Meisterschaft 2023 dominiert. Und doch hat er erst bei der letzten Rallye, der Rallye du Valais, seinen Titel aus dem Vorjahr verteidigt. Grund dafür war die Regel mit dem Streichergebnis. Hirschi hatte bei der Rallye du Bourgogne gefehlt. Dadurch war er in der Meisterschaft hinter Jonathan Michellod zurückgefallen. Am Ende war es dann aber doch eine klare Angelegenheit: Mit einem Sieg bei der RIV sicherten sich Hirschi und Beifahrerin/Lebenspartnerin Sarah Lattion mit 196:166 Punkten gegenüber Michellod/Fellay seinen zweiten Schweizer Rallye-Meistertitel nach 2022.
Fast noch wichtiger als der Titel war dem 37-Jährigen aus Saint-Imier im Berner Jura der Sieg bei der «Valais». Diese prestigeträchtige Rallye hatte Hirschi zwar schon einmal gewonnen – 2014. «Aber damals war ich als bester Schweizer im Gesamtklassement nur Vierter. Das ist nicht dasselbe», so der neue und zugleich alte Champion.
Hirschis Leistung in dieser Saison ist deshalb besonders, weil er die fünf Siege auf drei verschiedenen Autos und für drei verschiedene Teams geholt hat. Zum Saisonauftakt musste er sich kurzfristig mit einem Citroën C3 von Sainteloc anfreunden, weil sein Vorjahres-VW-Polo bei der Rallye Monte Carlo komplett niederbrannte. Mit diesem Auto gewann er auch die «Chablais», ehe er für die Rallye Mont-Blanc Morzine auf einen Hyundai i20 von 2C Compétition wechselte. Im Tessin und im Wallis rückte er dann mit einem Skoda Fabia Rally2 evo von H-Sport aus.
Das «Bäumchen-wechsel-dich»-Verhalten von Hirschi kommt nicht von ungefähr. Zwar sei es nicht der Plan gewesen, von Anfang an aus ihm einen Allrounder zu machen, meint der amtierende Schweizer Rallye-Meister. «Ich war kein besonders guter Kartfahrer. Aber zu Beginn meiner Karriere haben wir natürlich alles auf den Formelsport gesetzt.» Hirschi schaffte es 2007 bis in die Deutsche Formel 3. Danach geriet die Monoposto-Karriere ins Stocken. «Der Sprung in die Formel 3.5 war zu gross für uns», sagt Hirschi rückblickend. «Deshalb wechselte ich in die Renault Mégane Trophy, wo ich 2009 Gesamtzweiter wurde»
Hirschis Reise ging danach über die FIA-GT-WM und den französischen Porsche Carrera Cup weiter, ehe er 2011 zum ersten Mal bei den 24 Stunden von Le Mans am Start gestanden ist. Zwei Monate zuvor hatte Hirschi bereits seine erste Rallye, das Critérium Jurassien, auf einem Renault Clio absolviert. Und als wäre das nicht genug, driftete er im selben Jahr bei der Trophée Andros erfolgreich gegen Alain Prost & Co. Der Allrounder war geboren.
«Ich hatte nicht die Mittel, es bis ganz nach oben zu schaffen», meint Hirschi. «Deshalb habe ich mir ein anderes Ziel gesetzt: ein möglichst kompletter Rennfahrer zu werden. Ich bewundere Allrounder wie Romain Dumas oder Stéphane Sarrazin. Klar haben die auf einem anderen Niveau Meisterschaften und Rennen gewonnen. Aber solchen Fahrern nachzueifern und in unterschiedlichen Disziplinen Erfolg zu haben, ist eine Genugtuung.»
Ob er 2024 den Hattrick in der Rallye-SM anpeilt, ist noch offen. Nur sechs Fahrer haben vor ihm drei oder mehr Rallye-SM-Titel geholt: Grégoire Hotz (8), Christian Jacquillard (5), Eric Ferreux, Olivier Burri (je 4), Sébastien Carron und der kürzlich verstorbene Jean-Pierre Balmer (je 3). «Ich weiss noch nicht, was ich mache», sagt Hirschi. «Vielleicht fahre ich ein paar Rallyes in Frankreich – und dazu den einen oder anderen Klassiker in der Schweiz. Die Hauptsache ist, dass ich Spass habe.» Druck, den Titel in diesem Jahr wieder zu holen, hat er keinen verspürt. Und ohne Druck war er 2023 noch besser als im Jahr zuvor. Ist er 2024 wieder am Start, muss sich die Konkurrenz sehr, sehr warm anziehen…