Champions-Week statt Champions League! Wir stellen Ihnen Woche für Woche einen Schweizer Champion nach dem anderen vor. Diese Woche ist Marcel Steiner an der Reihe, Schweizer Berg-Meister 2023 bei den Rennwagen.
2018 war Marcel Steiner zum letzten Mal Schweizer Berg-Meister. 2019 musste er Eric Berguerand das Feld überlassen. 2020 und 2021 hiess der ungeliebte Sieger «Corona». 2022 war die Reihe erneut an Berguerand. Dass es 2023 endlich wieder klappte, freute den 48-Jährigen sehr. Die Durststrecke ist beendet. Das Projekt «Turbomotor» hat – etwas länger als erwartet – doch noch den erhofften Erfolg gebracht.
Mit seinem sechsten Triumph beim Heimrennen am Gurnigel machte Steiner den sechsten SM-Titel klar. Steiner verwertete an seinem Hausberg gleich den ersten Matchball. Im ersten Lauf fuhr er einen neuen Streckenrekord. Und auch im zweiten war er schneller als «Bergus». Weil dieser dann wegen Motorproblemen auf den dritten Heat verzichtete, stand Steiner vorzeitig als Champion fest. Was einfach klingt, war in der Tat aber eine ziemliche Herkulesaufgabe. «Eric hat mich richtig herausgefordert. Und ich ihn hoffentlich auch», sagt Steiner. «Einmal war er schneller, dann wieder ich. Für mich und mein Team ist der Titel eine Genugtuung. Wir haben lange gebraucht, um mit dem LobArt-Honda/Helftec dorthin zu gelangen, wo wir heute stehen.»
Zu Beginn der Saison hatte Steiner keinen exakten Plan, wo er und sein Team stehen. Zumindest hatte er das vor dem ersten Rennen zur Schweizer Meisterschaft so zu Protokoll gegeben. Mit dem Entscheid, auf synthetisch hergestellten Treibstoff zu setzen, kam eine weitere Unbekannte dazu. «Wir hatten keine Erfahrungswerte mit Synfuel. Wir konnten erst nach ein paar Rennläufen wissen, ob es ein Nachteil ist oder nicht.» Wie sich herausstellte, war es keiner. Steiner pulverisierte schon im ersten Lauf am Hemberg den Streckenrekord. «Mir war gar nicht bewusst, warum die Leute klatschten. Ja, ich hatte kein schlechtes Gefühl. Aber dass es ein neuer Streckenrekord war, das hatte ich nicht erwartet.»
Mit dem Sieg in Hemberg in der Tasche ging es nach La Roche. Dort überkam einen das Gefühl, der gelungene Auftakt könnte auch eine Eintagesfliege gewesen sein. Denn Berguerand schlug zurück – und distanzierte seinen langjährigen Konkurrenten. Steiner verlor in der Addition der beiden schnellsten Läufe fast drei Sekunden. Und auch in Massongex und Anzère lag er im Hintertreffen. Vor der Sommerpause meinte er gegenüber ASS: «Wenn Eric so weitermacht, wird das auch dieses Jahr nichts mit meinem sechsten Titel. Er muss mal Zweiter oder besser noch Dritter werden.»
Den Gefallen, Dritter in einem Rennen zu werden, machte Berguerand dem Routinier aus Oberdiessbach nicht. Musste er auch nicht. Weil Berguerand bekanntlich auf das Rennen in Les Rangiers verzichtet, lag Steiner vor Oberhallau wieder in Führung. Und diese gab er nicht mehr ab. Berguerand verschlief nach eigenen Angaben den ersten Lauf im Schaffhausischen. Und weil es im zweiten komplett nass war, nutzte es ihm nichts, dass er Steiner 3,5 Sekunden abhängte. Im dritten Durchgang rückte Steiner die Hackordnung wieder zurecht: 0,6 Sekunden Vorsprung –Meisterschaftsführung ausgebaut, Mission erfüllt.
Danach ging’s zum Gurnigel. Der Rest ist Geschichte. Denn auch ohne neuen Streckenrekord vor der eigenen Haustüre wäre Steiner Meister geworden. Was den Ausschlag gab, konnte auch Steiner nicht genau erklären. Harte Arbeit, Disziplin und ein Quäntchen Glück gehörten sicher dazu. Und übers Jahr gesehen war Steiner konstanter. Vor Hemberg fuhr er im österreichischen Rechberg. Und war deshalb – im Vergleich zu Berguerand, dessen Saison erst in Hemberg anfing – schon auf Betriebstemperatur, als es im Toggenburg losging. Gleiches gilt für die «Sommerpause». Während Berguerand von Anzère bis Oberhallau pausierte, blieb Steiner zuerst in Osnabrück und danach in Les Rangiers «im Flow» und sammelte dort nicht nur Erfahrung, sondern mit zwei Siegen auch viel Selbstvertrauen.
In Sachen Titeln steht es zwischen Steiner und Berguerand nun 6:7 (aus Sicht von Steiner). Ob er 2024 den Ausgleich erzielt? «Es ist noch etwas früh, um darauf eine Antwort zu geben», meint Steiner mit einem Augenzwinkern. «Aber die Saison 2023 hat gezeigt, dass es möglich ist.»