Der Grand Prix von Montreux hätte es punkto Atmosphäre locker mit dem GP in Monaco aufnehmen können. Leider fand er nur einmal – 1934 – statt. Auto Sport Schweiz ist auf Spurensuche gegangen.
1929 fand in Monte Carlo der erste Grand Prix statt. Fünf Jahre später brüllten die Motoren auch in Montreux auf. Die Ähnlichkeit des Anlasses ist verblüffend. Die beiden Strassenkurse haben einen fast identischen Charakter. Beide Strecken führen vorbei an Casinos, Hotels und Palmen. Und während in Monaco die Côte d’Azur die perfekte Kulisse bietet, ist es in Montreux der Lac Léman.
Der grösste Unterschied der beiden Austragungsorte ist die Tradition. Der Grand Prix von Monaco findet dieses Jahr zum 79. Mal statt. Montreux hingegen war eine Eintagesfliege. Nur einmal, 1934, wurde auf dem 3,32 Kilometer langen Stadtkurs gefahren. Seither fanden ein paar Revivals statt –1984 zum Beispiel oder das letzte 2018.
Organisiert wurde das Rennen 1934 vom ACS Sektion Waadt. In Zusammenarbeit mit dem Verkehrsverein von Montreux. Fast 100'000 Franken sollen in die Strecke investiert worden sein. Diese konnten die Organisatoren trotz eines grossen Publikumsaufmarsches nicht wett machen. Das erklärt, warum der Grand Prix nach nur einer Austragung nicht mehr stattgefunden hat.
Auch die Wahl des Datums für das Rennen war nicht besonders geschickt gewählt. Am 3. Juni 1934 fand nicht nur der GP von Montreux statt, es wurde gleichzeitig auch am Nürburgring das Eifelrennen ausgetragen. Viele Fahrer/Teams mussten sich zwischen einem der beiden Rennen entscheiden. Und viele entschieden sich für das Rennen in der Eifel. Nur gerade zwölf Autos standen in Montreux am Start. Darunter drei Werks-Alfas der Scuderia Ferrari.
Zwei davon mischten dann auch bei der Vergabe des Sieges vorne mit. Wobei es lange Zeit nach einem Maserati-Triumph des Franzosen Philippe Etancelin ausschaute. Doch die beiden Italiener Conte Carlo Felice Trossi und Achille Varzi machten Druck auf Etancelin. In der 88 von 90 Runden schaffte Trossi das Kunststück, den Führenden noch abzufangen. Varzi musste sich mit Rang 3 begnügen. Schweizer Fahrer waren keine am Start…
Die Strecke ist heute noch in ganzen Teilen vorhanden. Und in einigen Passagen erinnern alte Gebäude an die Zeit in den Dreissigerjahren. Vor allem im Start/Zielbereich findet man immer wieder Überbleibsel aus der Vorkriegszeit und das Rennen von 1934. An der Kreuzung Rue de la Paix und Avenue du Casino stand schon damals eine Bank. Heute ist die Credit Suisse dort Zuhause. Zahlreiche Balkone, die 1934 massive Belastungstests durch die zahlreich aufmarschierten Zuschauer erfahren haben, sind heute noch intakt.
Auffallend ist, wie schmal die Strassen sind. Mit Ausnahme der Grande Rue waren die Platzverhältnisse in Montreux sehr beschränkt. Ein Teil der Strecke, das Quai de Vernex, ist heute eine Fussgängerzone. Auch die Avenue des Alpes wäre heute nicht mehr renntauglich. Zwei Kreisel stünden im Weg. Schade ist, dass von diesen Passagen kaum Zeitdokumente existieren. Doch mit etwas Vorstellungskraft kann man sich die Bilder im Kopf zusammenreimen. Der Aufstieg zum Bahnhof von Montreux muss jedenfalls ähnlich gewesen sein wie jener zum Casino in Monaco, wenn auch nicht ganz so steil.