Ralph Boschung und Grégoire Saucy sind die Schweizer Speerspitzen im internationalen Formelsport. Beide Karrieren sind nach einem Top-Saisonstart ins Stocken geraten – aus unterschiedlichen Gründen.
Ralph Boschung fährt seit 2017 in der Formel 2. Saison für Saison war der Walliser damit beschäftigt, Sponsorengelder zu beschaffen. Immer wieder verpasste er Rennen, musste pausieren und wieder von vorne beginnen. 2021 war dann das erste Jahr in der Karriere von Boschung, in dem er sich endlich aufs Fahren konzentrieren konnte und sich nicht ständig um die Finanzen kümmern musste. Und siehe da: Plötzlich stimmten auch die Ergebnisse. Am Ende der Saison stand Boschung sogar zwei Mal auf dem Podium. Alles war für 2022 perfekt angerichtet. Und die Saison fing auch vielversprechend an – mit zwei vierten Plätzen in Bahrain und einem dritten Platz in Imola. Doch dann kam alles anders…
«Ich habe den Podestplatz in Imola noch mit meinen Sponsoren gefeiert», sagt Boschung, «als ich plötzlich Schmerzen im Nacken verspürte. Das passiert hin und wieder. Deshalb machte ich mir zuerst keine Gedanken. Doch die Schmerzen wurden sehr schnell schlimmer. Und am Tag danach war es nicht mehr auszuhalten.» Boschung musste für das Rennen in Spanien Forfait geben. Weil die Ärzte nichts Aussergewöhnliches feststellten, nahm er das nächste Rennen in Monaco mit Schmerzmitteln in Angriff. Doch schon im Training musste der Westschweizer den Stecker ziehen. «Die Schmerzen waren zu gross. Ein Start wäre zu gefährlich gewesen.»
Boschung wandte sich nach einem Tipp von Rupert Manwaring, dem Physiotherapeuten von Ferrari-F1-Pilot Carlos Sainz jr., an einen Spezialisten in Monaco. Dieser diagnostizierte bei Boschung ein Facettensyndrom, eine degenerative Erkrankung der Wirbelsäule. «Bei mir sind die obersten Wirbel, also C1 und C2, betroffen», präzisiert Boschung.
Die letzten vier Rennen musste der bald 25-Jährige aus Monthey pausieren. Inzwischen fühlt er sich wieder besser. «Die Lebensqualität ist zurück und ich konnte zuletzt auch wieder wie gewohnt trainieren», sagt Boschung. Am kommenden Wochenende will der Formel-2-Routinier in Spa-Francorchamps sein Comeback geben. Danach stehen Zandvoort und Monza auf dem Programm.
Spa, Zandvoort und Monza – das sind auch für Grégoire Saucy richtungsweisende Rennen. Der 22-Jährige aus Bassecourt im Kanton Jura bestreitet in diesem Jahr seine erste Saison in der FIA Formel 3. Auch er erwischte einen bemerkenswerten Einstand. In Bahrain beim ersten Rennen in dieser Saison stand der Fahrer aus dem Team ART als Dritter auf Anhieb auf dem Podest. Und auch in Imola beim zweiten Rennen lag Saucy auf Podestkurs, als er kurz vor Schluss Platz 3 durch eine Kollision verlor.
Danach blieb Saucy drei Rennen hintereinander punktelos. Erst beim letzten Aufeinandertreffen in Ungarn konnte er mit Rang 7 wieder in die Top 10 vorpreschen. «Auf eine Runde bin ich sehr stark», sagt Saucy. «Aber ich muss noch lernen, dass ich den Rhythmus auch über die Distanz durchhalte.»
Eine weitere Herausforderung für Saucy ist der enorme Konkurrenzkampf in der Formel 3. Der Jurassier sagt, die Meisterschaft 2022 sei besonders hart umkämpft. «In Ungarn war ich im Qualifying Fünfter – mit einem Rückstand von zwei Zehntelsekunden auf die Pole-Position. Zwei Zehntelsekunden mehr und ich wäre irgendwo im Mittelfeld gelandet…»
Saucy hofft, dass er in den restlichen drei Rennen nochmals das eine oder andere Ausrufezeichen setzen kann. «Ich will in den restlichen Rennen in die Top 10 fahren. Und auch am Ende der Saison soll mein Name im Gesamtklassement dort aufleuchten.»
Wie es 2023 weitergeht, ist in beiden Fällen noch offen. Bei Boschung hängt alles an seiner Gesundheit. Bei Saucy sind die letzten drei Rennen wegweisend. Wer weiss: Vielleicht treffen sich die beiden 2023 in der Formel 2 wieder!