Am Dienstag hatten die Teilnehmenden des diesjährigen Young Drivers Projekts von Auto Sport Schweiz die Gelegenheit, sich mit Profirennfahrern auszutauschen. Der gelungene Abend im Hotel Meilenstein in Langenthal hat Fragen rund um deren Karrieren beantwortet.
Wie werde ich Profirennfahrer? Wo finde ich finanzielle Unterstützung? Und welche Rennserie macht am meisten Sinn? Viele junge Kartfahrer und Kartfahrerinnen stellen sich diese oder ähnliche Fragen. Antworten darauf zu finden, ist oft nicht einfach. Deshalb hat Auto Sport Schweiz im Rahmen des Young Drivers Projekts ein Treffen mit Profirennfahrern organisiert, die dem Nachwuchs ein Abend lang im Hotel Meilenstein in Langenthal Rede und Antwort standen.
Jeder, der im Rennsport Karriere macht oder gemacht hat, weiss, wie schwierig es ist, vom Kart- in den Automobilrennsport zu wechseln. Unwissen gepaart mit Budgetsorgen und der Angst, den falschen Schritt zu machen, begleiten Eltern und Fahrer gleichermassen. Wer mit gestandenen Rennfahrern spricht, merkt jedoch schnell: Jeder, der Karriere macht, hat Ähnliches erlebt. «Die Budgets, die heute aufgerufen werden, sind in der Regel höher als zu meiner Zeit», sagt Simona De Silvestro, eine der Profirennfahrerinnen, die in Langenthal vor Ort war. «Die Probleme, im Automobilrennsport Fuss zu fassen, sind aber dieselben geblieben.» De Silvestro hat ihre Karriere 2005 in der damaligen italienischen Formel Renault (heute mit Formel 4 vergleichbar) lanciert. Schon im Laufe des ersten Jahres stellte sich bereits die Frage: Wie geht’s weiter? «Ich bin dann mit 17 in die USA gegangen und fuhr in der Formel BMW. Das konnten wir uns gerade so leisten.» Rückblickend war die Entscheidung richtig. De Silvestro machte in der Indycar-Serie Karriere, fuhr sechs Mal das Indy 500 und wechselte später nach Australien zu den V8 Supercars.
Für einen anderen Vertreter in Langenthal, Neel Jani, lief die Karriere geradliniger. Jani setzte zwei Jahre lang im Formelsport alles auf eine Karte und wurde dabei von Red Bull entdeckt und gefördert. Mit 40 blickt der Seeländer auf eine Karriere mit vielen Highlights, darunter der Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans 2016, zurück. Die «schwierigen» Zeiten hat er aber nicht vergessen. «Wichtig ist, dass man sich einen Plan zurechtlegt», sagt Jani. «Und dass man sich als Person, wenn es um Sponsorenakquise geht, wie eine Firma verkauft.»
Dass es auch ohne eigene Mittel oder die Unterstützung in einer Junioren-Academy geht, beweist das Beispiel von Yannick Mettler. Der gebürtige Luzerner hatte nicht das Glück, einen Mäzen im Rücken zu haben, der ihm seine Karriere finanziert. Mettler ist das klassische Beispiel eines Rennfahrers, der von Tür zu Tür ging und Klinken putzte. Mit 34 blickt er auf eine Karriere mit vielen Hochs, aber auch vielen Tiefs zurück. Dass er heute fast jedes Wochenende mit einem GT3-Mercedes im Einsatz steht, zeigt, dass viele Wege nach Rom führen. «Es gab eine Zeit, da bin ich in ein Loch gefallen, weil es einfach nicht mehr weitergehen wollte», sagt Mettler, «aber aufgeben war für mich nie eine Option. Wenn eine Türe zugegangen ist, ist irgendwo eine andere aufgegangen.»
Den Masterplan, wie man garantiert zum Profirennfahrer wird, gibt es nicht. Vieles passiert intuitiv und situationsabhängig. Das Umfeld sei matchentscheidend, meint Jani. «Deshalb», so die Meinung von Samir Ben, «ist es enorm wichtig, sich ein grosses Netzwerk aufzubauen.» Ben weiss trotz seines noch jungen Alters (21), wovon er spricht. 2022 musste er aus Mangel an Optionen gar eine Pause einlegen. Aber auch für ihn galt und gilt: Aufgeben ist keine Alternative. Seine Erfahrung zeigt: «Ich habe ausschliesslich Sponsoren, die sich durch den persönlichen Kontakt ergeben haben.» Etwas, was auch Miklas Born (22) bestätigen kann: «Wir hatten einmal mit einer Kaltakquise Erfolg. Aber da erhielten wir am Ende einen Sachpreis, keine finanzielle Unterstützung.»
Neben den international erfahrenen Piloten waren in Meilenstein auch die Bergrennfahrer Marcel Steiner und Thomas Amweg zugegen. Auch wenn die beiden nie in die Nähe eines Profivertrages gekommen sind, wissen sie, was es bedeutet, Jahr für Jahr Budget, um Rennen fahren zu können, zusammenzukratzen. «Wir haben sicher den Vorteil, dass unsere Väter schon gefahren sind», sagt Amweg. «Aber um die Sponsoren bei Laune zu behalten, müssen auch wir heute viel unternehmen – ich denke da zu Beispiel an Beiträge auf social media. Eigentlich sind wir dafür ja schon zu alt, aber um im Rennsport überleben zu können, muss man eben auch auf diesem Gebiet Einsatz leisten.»
Von den teilnehmenden Young Drivers wurde im Übrigen die Anwesenheit der nationalen Rennfahrer sehr geschätzt. Ein Vater eines Young Drivers meinte: «Uns war gar nicht bewusst, dass es bei uns in der Schweiz so viele Rennen und Meisterschaften gibt.» Das Feedback der jungen Nachwuchsfahrer war sehr gut. «Von diesem Anlass kann ich viel profitieren», meinte beispielsweise Neil Russell, der sich eifrig Notizen machte. Auch die gestandenen Fahrer und Fahrerinnen zogen am Ende ein positives Feedback. «Es ist wichtig, dass wir unsere Erfahrung weitergeben können», sagt Mettler. «Ausserdem war es auch für mich mal interessant zu hören, wie es Neel und Simona ergangen ist. Über solche Sachen spricht man gewöhnlich nicht.»
Das Young Drivers Projekt geht im September mit einem Interview- und Marketing-Event in Egerkingen weiter. Zu den Höhepunkten des diesjährigen Programms zählen später der Besuch des DTM-Finale in Hockenheim sowie der Formel-4-Testtag in Bresse (F) mit Jenzer Motorsport.