Die AUTOMOBIL REVUE hat in den vergangenen Wochen mit ihrer Serie «Rennwagen-Porträt» für Aufsehen gesorgt. Wir von Auto Sport Schweiz sind stolz, dass wir die Werke der beiden Autoren Werner Haller und Olivier Derard auch bei uns veröffentlichen dürfen. Teil 14: Der Dallara F393 von Philip Egli.
Es kommt bei Rennen oft vor, dass grosse, aber vor allem kleine Fans den Dallara F393 von Philip Egli im Vorbeigehen vorsichtig berühren oder gar streicheln. «Wahrscheinlich, weil er wie ein Rennwagen ausschaut», erklärt sich Egli die Begeisterung für seinen gelben Flitzer. «Wenn ich frage, ob der Junior für ein Foto hineinsitzen möchte, ist die Freude riesig!», sagt Egli und lacht. Auch der in Zürich wohnhafte Glarner hat viel Freude an seinem Formel 3, den er 2015 erworben hat, obwohl der schon damals mehr als 20 Jahre auf dem Buckel hatte.
Der Dallara F393 hat eine Erfolgsgeschichte. Die Formel 3 wurde 1993 quasi zur Formel Dallara, benannt nach dem italienischen Rennwagenkonstrukteur mit Sitz in Varano de’ Melegari bei Parma. Fast über den ganzen Globus wurden nationale und internationale Meisterschaften mit dem Chassis gefahren, das 1200 Stunden im Windkanal verbracht haben soll und besser war als Konkurrenzprodukte wie jene von Reynard oder Ralt. Sogar die bedeutende deutsche F3-Meisterschaft wurde «dallarisiert»: den Titel holte Jos Verstappen, der Vater von Formel-1-Star Max.
Bis Egli auf den Dallara F393 kam, gingen aber noch ein paar Jahre ins Land. «Meine ersten Gehversuche im Rennsport machte ich mit einem VW Scirocco. Leistungsmässig war der aber am Limit. Also bin ich 2012 wegen eines Inserates in den Jura gefahren und fand einen Formel 3, der einst Jo Zeller gehörte, vor. Ich war auf der Suche nach etwas, das zu meinem Budget passte und mit dem ich Spass haben konnte. Ich wusste nicht, was mit diesem F3 auf mich zukommen würde. Plötzlich stand diese Kiste bei mir zu Hause», erinnert sich Egli. Sie steht mittlerweile gut verpackt in einer Ecke einer Garage in Regensdorf ZH. Denn Egli legte sich 2015 einen zweiten F3 zu, mit dem er letztes Jahr sieben von acht Slaloms zur Schweizer Meisterschaft gewann. «Eine geile Kiste! Die Leistung und das Gewicht stimmen, und das Auto ist sehr wendig.» Die Siegmaschine sollte ursprünglich Ersatzteile für den ersten F3 von Egli liefern.
Im Winter 2017/18 legte Egli mit Rennfahrerkollege Martin Bächler und Stephan Kühnis, der in Oberhasli ZH eine Oldtimer-Werkstatt hat, Hand am F393 an: «Wir haben bis auf die letzte Schraube alles demontiert, ersetzt, geflickt, gewartet, neu lackiert und wieder zusammengebaut.» Nebst grösseren Front- und Heckflügeln für Slaloms und Bergrennen bekam der F393 einen stärkeren Motor: «Er basiert auf dem Triebwerk eines Opel Calibra. Der Vorgängermotor von Spiess hatte einen Luftmengenbegrenzer von 26 Millimetern, was die Leistung drosselte. Unser Motor leistet 280 statt 210 PS.» So kam der Rennwagen zur Zusatzbezeichnung EPR-1: Egli-Philip-Rolf. «Pro Jahr wird die Zahl um eins erhöht, nächstes Jahr fahre ich den EPR- 4.» Darüber hinaus ist aber vieles original Dallara. Imposant ist die Schaltung. Im Cockpit gibt es keine Schaltwippen hinter dem Lenkrad: «Der F393 hat eine manuelle H-Schaltung mit fünf Gängen von Hewland. Ich muss bewusst kuppeln und schalten, aber das funktioniert, das Renngetriebe ist schnell.» 2023 wird der Flitzer 30-jährig und somit zum historischen Fahrzeug. «Ich möchte gerne an Rennen mit historischen Autos teilnehmen», sagt Egli. Dazu muss er seinen Dallara F393 aber von vorne bis hinten wieder so herrichten, wie er ihn einst erworben hat. «Kein Problem, die Originalteile habe ich verwahrt.»
«Möchtest du mal reinsitzen?», fragt Egli abschliessend den Autor dieser Zeilen mit einem Grinsen. «Reinsitzen? Fahren will ich die geile Kiste», denkt sich dieser.
DALLARA F393 EPR-3
Baujahr: 1993
Karosserie: Dallara
L x B x H mm: k. A.
Radstand mm: 2610
Gewicht kg: 480
Motor: Opel-4-Zylinder, 2.0 Liter, 16 V
Leistung PS: 280
0–100 km/h sec: <4
Höchstgeschwindigkeit km/h: je nach Übersetzung
Fahrwerk: Quantum
AR #49, 3. Dezember 2020, Autor: Werner J. Haller, www.automobilrevue.ch