• Newscenter

BZ Consult
05.06.2020 Das 750-PS-Karbon-Monster
Roger Schnellmann Motorsport Schweiz | Auto Sport Schweiz
Roger Schnellmann und sein Mitsubishi Lancer Evo 8

Die AUTOMOBIL REVUE hat in den vergangenen Wochen mit ihrer Serie «Rennwagen-Porträt» für Aufsehen gesorgt. Wir von Auto Sport Schweiz sind stolz, dass wir die Werke der beiden Autoren Werner Haller und Olivier Derard auch bei uns veröffentlichen dürfen. Teil 3: Der Mitsubishi Lancer Evo 8 von Roger Schnellmann.

Das sei ein Prozess gewesen, fasst Roger Schnellmann die letzten 15 Jahre zusammen. Schrittweise haben er und seine Kumpels den Mitsubishi Lancer Evo 8 optimiert, ihn leichter und schneller gemacht. «Hätte mir einer gesagt, wie mein Auto zehn Jahre nach dem Kauf aussehen wird, hätte ich ihn für verrückt erklärt», sagt der 36-jährige Schwyzer. Schnellmann hat immer ein Auge auf speziellere Autos geworfen, gibt er zu. Er war 21-jährig, als er sich seinen Mitsubishi 2005 zulegte. «Davor hatte ich bereits einen Mazda 323 GTR mit 1.8-Liter-Turbomotor. Dieses Modell war die Basis für die damalige Rallyeversion.» Trotzdem habe er sich auf den ersten Blick verliebt, als er vor einem Mitsubishi Lancer gestanden sei. «Ich habe den Lancer Evo 8 gesehen und gekauft. Preis/Leistung stimmen einfach. Für über 50 000 Franken gab es original schon mal 265 PS unter der Haube», erklärt Schnellmann.

Der Mitsubishi Lancer Evo sei aber kein Alltagsauto gewesen. «Wenn die Regenwahrscheinlichkeit bei 50 Prozent lag, blieb er in der Garage. Er war mein Sonntagsauto!» Das sagte sich Schnellmann auch, als er 2006 als Fan zum Slalom in Wangen SZ fuhr. Er solle draussen im Feld parkieren, sagte ihm ein Parkplatzeinweiser, «was mit diesem Auto überhaupt nicht in Frage kam. Also sagte ich, ich sei Rennfahrer, weshalb ich den Mitsubishi im Fahrerlager abstellen durfte.» Dort meinten die echten Rennfahrer jedoch, dass dieses Auto zu mehr tauge als für Ausfahrten.

Ein Jahr später starteten Roger Schnellmann und der Mitsubishi Lancer Evo 8 in Ambri TI erstmals gemeinsam bei einem Slalom. Fahrer und Auto spielten sich mehr und mehr aufeinander ein, tasteten sich ans Limit vor. «Der Mitsubishi, mein Sonntagsauto, hat gelitten. Jeder Kratzer und jede Beule schmerzte», sagt Schnellmann. Das Grauen habe ihn aber gepackt, als das Auto zwecks mehr Geschwindigkeit leichter werden sollte und deshalb «Haare lassen musste». Das Alu am Auto musste weg, an seine Stelle kam Karbon. «Ich musste aus der Garage heraus, als meine vier Kollegen – jeder mit einer Trennscheibe in den Händen – die Verkleidung Stück für Stück zerlegten», erinnert er sich.

Roger Schnellmann c Kaufmann Motorsport Schweiz | Auto Sport Schweiz
Schnellmanns Mitsubishi in voller Action © Kaufmann

Immer stärker habe sich der Mitsubishi Lancer Evo 8 verändert, sagt Roger Schnellmann: «Das Auto hatte mit den Jahren bereits vier verschiedene Fahrwerke und drei unterschiedliche Felgendimensionen.» Die grössten und entscheidenden Schritte hin ans Limit oder zum PS-Karbon-Monster habe es aber zweifellos in den letzten drei Jahren gegeben. «Wir wechselten von einem Handschalt-Getriebe auf ein sequenzielles. Die Leistung des Motors stieg auch dank der Tessiner Tuning-Schmiede J-Spec Performance von 500 auf über 750 PS. Der zwei Meter breite Heckflügel stammt aus der Timeattack-Rennszene, er erzeugt bei 240 km/h einen Anpressdruck von über einer Tonne.» Seit 2015 haben Schnellmann und sein Mitsubishi Lancer Evo 8 J-Spec bei 26 Bergrennen 19-mal den Klassensieg geholt oder mindesten Platz 2 belegt – die zwei Nuller wegen technischer Defekte ausgenommen.

Den grössten Erfolg feierte das Duo am 14. Oktober 2018, als es in Gubbio (I) das FIA Hillclimb Masters gewann. «Ich habe zum mehrmaligen Schweizer Bergmeister Marcel Steiner aufgesehen. Wir sind öfter bei Rennen zur Berg-EM gestartet, und für Marcel wurde immer wieder die Schweizer Nationalhynme gespielt. Da habe ich mir geschworen, dass die auch einmal für mich erklingen solle.» Zwei Jahre lang fuhr Schnellmann in der Berg-EM, etwas, das er nochmals erleben möchte. «Früher konnte ich alleine zu den EM-Rennen fahren. Weil der Mitsubishi aber mittlerweile derart speziell und ausgefeilt ist, komme ich nicht darum herum, vier Kollegen mitzunehmen. Das Unterfangen Berg-EM ist ein Ziel, aber es ist schwierig.» Genauso wie weitere Ausbaustufen des Mitsubishi, weil bessere Teile für das Auto kaum noch erhältlich sind. «Ein anderes Auto kommt nicht in Frage. Aber mit dem vorhandenen Knowhow würde ich gerne einen zweiten Evo von Grund auf aufbauen.»

MITSUBISHI LANCER EVO 8 J-SPEC
Baujahr: 2005
Karosserie: 2-türige Limousine
L x B x H mm: 5000 x 2000 x 1500 (B/H: Heckflügel)
Radstand mm: k. A.
Gewicht kg: ca. 1120
Motor: 2.3-Liter-Turbo
Leistung PS: 750 (Drehmoment +800 Nm)
0–100 km/h sec: unter 2, (100–200 km/h: 5,2)
Höchstgeschwindigkeit km/h: 241
Fahrwerk: Tein

AR #19, 7. Mai 2020, Autor: Werner Haller, www.automobilrevue.ch

Permalink

Zum Newscenter

Gesellschafter

Mitglied von

Ausrüster