Wie schon bei den letzten Ausgaben veröffentlichen wir an dieser Stelle den einen oder anderen Artikel aus dem vierteljährlich erscheinenden Magazin von ASS. Teil 1: Was macht eigentlich Alain Menu?
Dass Alain Menu eine grosse Karriere im Rennsport machen würde, war nicht unbedingt vorauszusehen. Sein Vater war Schweinezüchter, ein Bezug zum Motorsport bestand nicht. Trotzdem hatte Menu schon als kleiner Junge den Wunsch, Formel-1-Rennfahrer zu werden. «Mein Idol war Jo Siffert. In meinem Kinderzimmer hingen überall Bilder von ihm. Als er starb, war ich acht Jahre alt. Das hat mich mitgenommen.»
Erst mit 21 Jahren stieg Menu in den Rennsport ein – als Absolvent der Ecole Winfield.1987 machte er in Grossbritannien erstmals von sich reden. Menu wurde beim legendären Formel Ford Festival in Brands Hatch Zweiter hinter Sieger Eddie Irvine, dem späteren Ferrari-Teamkollegen von Michael Schumacher. Danach fuhr er in der britischen Formel 3 und in der Formel 3000 – immer auf der Suche nach Geld. «Meine Eltern hatten zu dieser Zeit sogar eine Hypothek aufgenommen, damit ich weiter fahren kann. Das war sehr riskant. Aber zum Glück ging die Rechnung auf und ich konnte das Geld später zurückbezahlen.»
Bis 1991 setzte Menu auf die Karte «Formelsport». Dann kam ein Anruf von Marc Surer, Menu könne an einer Tourenwagensichtung von BMW teilnehmen. Bei diesem Test überzeugte Menu die Jury. Und so fuhr er 1992 für BMW in der Britischen Tourenwagen-Meisterschaft. Nur ein Jahr später wechselte er zu Renault. Dort gewann er im fünften Jahr die Meisterschaft auf einem vom Formel-1-Team von Frank Williams eingesetzten Renault Laguna. Dies öffnete Menu sogar die Türen für ein paar Tests in der Königsklasse. 1999 wechselte der heute 61-Jährige zu Ford und sicherte sich mit seinem sauberen und effizienten Fahrstil auf einem Ford Mondeo im Jahr darauf seinen zweiten Titel in England.
Nach einem dreijährigen Intermezzo mit Opel in der DTM (bestes Ergebnis Rang 2 am Sachsenring 2002) und zwei Teilnahmen in Le Mans fand Menu 2005 bei Chevrolet eine neue Herausforderung. Und wie in der BTCC bewies der Genfer auch in der Tourenwagen-WM ab 2005 seine Qualitäten. Zum Titel reichte es knapp nicht. 2011 wurde er Meisterschaftsdritter, in seinem letzten kompletten Jahr 2012 Gesamtzweiter. Dass sein Kindheitstraum von der Formel 1 nicht in Erfüllung ging, bedauert Menu nicht. «Ich habe mehr als 25 Jahre meiner Leidenschaft nachgehen können. Da wäre es töricht zu behaupten, man hätte etwas verpasst.»
Und heute? Nach dem Vizetitel in der WTCC siedelte Menu nach Edinburgh/Schottland um. Seit 2023 ist er zurück in seiner Heimat Genf. Dort führt er mit seiner Schwester ein Unternehmen mit neun Angestellten, das sich auf Renovationen spezialisiert hat. «Das Geschäft haben wir schon 2007 von einem Freund erworben», sagt Menu. Der Rennsport fehlt ihm heute nicht mehr. «Es gab Zeiten, da wäre ich gerne noch gefahren, weil ich über das Ende meiner Karriere nicht selber entscheiden konnte. Aber heute bin ich darüber hinweg. Es gibt für alles eine Zeit.»
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