Wie schon bei den letzten Ausgaben veröffentlichen wir an dieser Stelle den einen oder anderen Artikel aus dem vierteljährlich erscheinenden Magazin von ASS. Teil 2: Wieviel Real Racing steckt im Simracing?
Julien Apothéloz (21) und Dominik Fischli (27) sind im besten Simracing-Alter. Apothéloz ist 21, Fischli 27. Beide haben ihre Wurzeln im Kartsport, also im Real Racing. Beide sind auf dem Weg zum Profirennfahrer. Apothéloz setzt seit zwei Jahren auf die GT3 – in der GT World Challenge und der NLS, der Nürburgring-Langstrecken-Serie. Und auch Fischli ist seit diesem Jahr mit einem GT3-Porsche in der GTWC unterwegs, nachdem er 2021 noch im Porsche Sports Cup Suisse am Start gestanden hatte. Die beiden kennen sich gut. Nicht nur von der Rennstrecke. Sie treffen sich immer wieder im Simulator-Zenter «Züriring» in Dietikon.
Apothéloz ist vor jedem Rennen mindestens einmal dort, «auch wenn ich inzwischen die Nordschleife sehr gut kenne». Fischli trainiert sogar öfter. «Ich komme schon drei Wochen vor einem Rennen und bin dann zwei bis drei Mal die Woche am Fahren.»
Für beide geht es in erster Linie darum, sich auf die Rennen einzustimmen. Apothéloz sagt: «Wenn ich vom Simulator an die Rennstrecke komme, bin ich zu 70 Prozent parat. Nach fünf Runden im richtigen Auto bin ich im Rhythmus. So vergeude ich keine Zeit. Und das Team spart teure Test- und Trainingskilometer.»
Apothéloz und Fischli wissen inzwischen genau, was sie im Simulator testen wollen. Auf eine umfangreiche Suche nach dem perfekten Set-Up verzichten beide. «Klar muss sich das Auto so echt wie möglich anfühlen», meint Fischli. «Aber ich tüftle nicht an einer Abstimmung. Ich konzentriere mich aufs Fahren.» Das sieht auch Apothéloz so. Weil der Simulator fast alles verzeiht, könne die Suche nach einem Set-Up sogar kontraproduktiv sein. Denn es bestehe die Gefahr, dass man sich verzettelt und auf der Rennstrecke in eine falsche Richtung arbeitet.
Beiden ist deshalb wichtig, dass sie «wie in Echt fahren», so Apothéloz. «Echte Simracer haben ihren eigenen Fahrstil. Der ist schneller als unserer, aber ich versuche bewusst, erst gar nicht so zu fahren.»
Was also nehmen die beiden aus dem Simulator an die Rennstrecke mit? Zum einen hilft der Simulator, sich neue Strecken einzuprägen. Oder altes Wissen über Rennstrecken, die man aus dem Real Racing bereits kennt, aufzufrischen. Zum anderen hilft der Simulator auch in Bezug auf Brems- und Referenzpunkte. «Wenn ich mir die im Simulator gut eingeprägt habe», sagt Fischli, «dann kann ich die in der Regel auf der Rennstrecke so 1:1 umsetzen. Und Apothéloz ergänzt: «Wichtig ist, dass ich am Simulator auch denselben Bremsdruck spüre wie im Rennauto. Denn über die Bremsen gewinnst oder verlierst du viel Performance.»
Während Apothéloz bei seinen virtuellen Trainingsstunden einen statischen Simulator bevorzugt, setzt sich Fischli lieber in einen sich bewegenden Simulator. Einen Unterschied in den Trainingsmethoden und -möglichkeiten macht das nicht. «Ich habe es einfach lieber, wenn sich der Simulator nicht zu fest bewegt», sagt Apothéloz. «In sich bewegenden Simulatoren habe ich das Gefühl, dass es leichte Verzögerungen gibt. Aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein.»
Überhaupt scheint vieles Kopfsache zu sein. Fehlende Rückmeldungen beim Bremsen sowie nicht existierende g-Kräfte müsse man ausblenden, meint Fischli. «Wenn du im echten Auto sitzt und voll in die Eisen gehst, verhält sich das Auto im Vergleich zum Simulator viel unruhiger. Und eine Kurve wie Eau Rouge in Spa-Francorchamps fühlt sich im Rennwagen einfach anders an, als wenn du am virtuellen Lenkrad kurbelst.»
Auch in Sachen Reifenabbau lässt sich heute vieles simulieren. Die Erfahrung der beiden Probanden zeigt aber, dass auch hier das Real Racing nicht zu 100 Prozent nachgestellt werden kann. «Wenn man am Simulator einen Reifenverschleiss einstellt, dann finde ich, dass sich dieser extremer anfühlt als in der Realität», sagt Apothéloz. «Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass es am Simulator schwieriger ist, den Peak zu spüren. Also den Moment, an dem die Reifen auf Betriebstemperatur sind.» Fischli pflichtete seinem jüngeren Kollegen in diesen Punkten bei. Und beide sind sich einig: Wenn es die Technik in der virtuellen Welt zulässt, den Reifenverschleiss noch realistischer darzustellen, dann könnte man noch mehr vom Fahren im Simulator profitieren, als man es eh schon tut.
Dasselbe gilt für Regen. Nass wird man im Simulator nur, weil es richtig anstrengend ist. Das beteuern beide. Aber einen Wolkenbruch, wie wir es aus Spa-Francorchamps kennen, kann man nicht simulieren. Zumindest nicht so, wie es in Echt – und vor allem in Spa – passieren kann.
Fazit: Für Apothéloz und Fischli steht fest, auch wenn es immer noch Skeptiker gibt, dass das Simulatorfahren für den modernen Rennfahrer inzwischen dazugehört. Ein günstigeres und mit weniger Aufwand verbundenes Training gibt es nicht.
Dass man in der virtuellen Welt (noch) nicht alles simulieren kann, ist vielleicht ganz gut so.
Die Simracing-Schweizer-Meisterschaft in den Klassen Formel 3 und GT3 bei flanc.ch ist in vollem Gange. Das nächste Rennen findet am kommenden Mittwoch statt.
Im Oktober ist die von flanc.ch organisierte Schweizer Simracing-Meisterschaft erfolgreich in den Klassen Formel 3 und GT3 gestartet. In der Formel 3 sind zwei von zwölf Rennen absolviert. In der GT3-Meisterschaft bereits deren drei. Schon am Mittwoch, 30. November, geht es mit Rennen 3 in Silverstone weiter. Am 14. Dezember steht dann der vierte und letzte F3-Lauf in diesem Jahr in Fuji auf dem Programm. In der GT3-Meisterschaft wird am 8. Dezember (ebenfalls in Fuji) und am 22. Dezember in Watkins Glen gefahren.
In der klassischen Open Wheeler Serie mit Dallara-Formel-3-Fahrzeugen wurden die ersten beiden Wertungsläufe in Imola und Suzuka ausgetragen. Das internationale Fahrerfeld mit separater Wertung für die Teilnehmer der Schweizer Meisterschaft zeigt Simracing auf hohem Niveau mit spannenden Zweikämpfen. Die Wertungsläufe finden jeweils geteilt in einem 20-minütigen Sprint- und einem 40-minütigen Feature-Rennen statt. Die Meisterschaftswertung wird nach zwei Läufen vom Tessiner Claudio Costarelli angeführt, gefolgt von Mirco Gyr und Alessandro Romanelli.
Wie im realen Motorsport ist die GT3-Klasse auch als Simracing-Disziplin äusserst populär. Die ersten drei Wertungsläufe wurden in Imola, Suzuka und Silverstone abgehalten. Das Format mit einem Rennen über 60 Minuten inkl. obligatorischem Boxenstopp lässt viel Freiraum für taktische Spielchen. Die Meisterschaftswertung wird nach einem Viertel der Saison vom Berner Pascal Tschopp angeführt, gefolgt von Tobias Herzog und Adnan Grozdanic. Auch in dieser Serie ist das Fahrerfeld international – mit separater Wertung für die Schweizer Meisterschaft.
Die Rennleiter und die offizielle Jury von Auto Sport Schweiz mit Sportkommissaren aus dem realen und dem virtuellen Automobilsport sorgen während den Rennen für die Einhaltung des Reglements. Die Rennen der Swiss Simracing Series werden live durch SRA TV auf Youtube übertragen.
Die Serien von flanc.ch richten sich an Simracerinnen und Simracer, die von Zuhause aus im eigenen Simulator teilnehmen wollen. Bei entsprechendem Angebot ist auch die Teilnahme aus einem Sim-Center möglich. Die Serien werden mit der Simulation iRacing ausgetragen.
Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite www.flanc.ch
Am Wochenende fielen im Rahmen der «Auto Zürich» die Entscheidungen in der Schweizer Simracing-Meisterschaft. An Spannung mangelte es nicht.
Leonard Heidegger machte es nochmals richtig spannend. Als einziger Fahrer überhaupt fuhr der Titelanwärter der Kategorie PRO (Porsche Esports Carrera Cup Suisse) keine gültige Superpole-Runde. Und musste deshalb von ganz hinten starten. Um nach vorne zu gelangen, musste Heidegger dementsprechend viel Risiko eingehen und kassierte dafür u.a. eine 5-Sekunden-Strafe.
Im Foto-Finish musste er sich dem auf Platz 4 liegenden Yves Eigenmann geschlagen geben. Die Top 3 des Finallaufs hiessen Levin Nikitas, Rowan Eaton und Julian Ammann. Doch Heidegger setzte sich in der Endabrechnung trotzdem durch. Weil er die schnellste Rennrunde fuhr, kassierte er drei Extrapunkte und sicherte sich so den Titel vor Ammann und Nikitas. Neben einem Porsche-Drive-Gutschein im Wert von 3’090 CHF darf Heidegger an einem von Auto Sport Schweiz organisierten Lizenzkurs in Hockenheim teilnehmen. Ausserdem ist er der Fahrer, der die Schweiz an den FIA Motorsport Games 2024 in Valencia vertritt.
In der Kategorie AM setzte sich Pole-Setter Tobias Schmidlin mit der Maximalpunktzahl von 94 Zählern durch. Platz 2 ging an Nicola Mantegani vor Pedro Pereira. In der Damenwertung setzte sich (ebenfalls mit dem Punktemaximum) Nadia Brülisauer gegen Danica Brönnimann und der Newcomerin Vanessa Rüfenacht durch. In der Kategorie Ü45 ging der Titel an Michel Dänzer vor Daniel Hablützel und Gilbert Denzer.
In der erstmals durchgeführten TCR Swiss Virtual Series by Honda jubelte Thomas Schmid. Der Jonschwiler, der die Schweiz erst kürzlich bei den FIA Motorsport Games in Le Castellet vertreten durfte, hat seine Siegesserie damit ausgebaut und ist nach 2020 und 2021 erneut Schweizer Meister im Simracing. Auf den Plätzen 2 und 3 landeten Leonhard Heidegger respektive Lino Spengler, wobei Heidegger erst in der vorletzten Kurve seinen Kontrahenten überholen konnte.
Alle Ergebnisse im Überblick gibt es unter diesem Link.
Vom 26.-30. Oktober finden in Le Castellet (F) die FIA Motorsport Games statt. Wir stellen Ihnen in den nächsten Tagen die Schweizer Delegation vor. Teil 5: Thomas Schmid (27), E-sports.
Eine bereits in Rom vor drei Jahren hart umstrittene Klasse ist die E-Sports-Kategorie. In dieser fährt der St.Galler Thomas Schmid. Schmid ist amtierende Schweizer Simracing-Meister, hat aber auch Erfahrung im «real racing». Der Ostschweizer war 2018 Junioren-Champion in der Schweizer Rallye- und der Schweizer Berg-Meisterschaft. Ausserdem zählt er in der Formula Student zu den besten Fahrern seines Fachs.
Was erhoffst du dir von deiner Teilnahme bei den FIA Motorsport Games?
Thomas Schmid: Ich habe keine grossen Erwartungen und werde einfach mein Bestes geben. Leider bin ich auf Assetto Corsa Competizione kein grosser Spezialist und kenne da nicht alle Tricks und Kniffe, um auf dieser Simulation richtig schnell zu sein. Deshalb werde ich einfach schauen, was rausspringt und auch versuchen das Event zu geniessen.
Was bedeutet es dir, dass du die Schweiz bei den FIA Motorsport Games vertreten darfst?
Das macht einem schon stolz und ist eine grosse Ehre, die Schweiz vertreten zu dürfen. Ich freue mich darauf!
Hast du dich schon schlau gemacht, wer deine Gegner sind?
Nein, ehrlich gesagt habe ich noch keinen Plan, gegen wen ich antreten muss. Nasenbohrer werden es sicherlich nicht sein.
Wie bist du auf die FIA Motorsport Games aufmerksam geworden?
Durch die Swiss Simracing Series, da der Gewinner ja anschliessend die Schweiz vertreten darf. Das war natürlich noch eine kleine Extramotivation in der letzten Saison.
Wie bereitest du dich auf die FIA Motorsport Games vor?
Ich trainiere einfach so gut es geht und werde vor allem auf die Konstanz achten. Leider bin ich bis jetzt noch nicht gross dazugekommen ausgiebig zu trainieren. Da habe ich noch Nachholbedarf.
Simracer aufgepasst! Ab sofort kann man sich für die neue Saison der Simracing Schweizer Meisterschaften in den Klassen Formel 3 und GT3 anmelden.
Die Simracing Formel-3- und GT3-Meisterschaften starten im Oktober 2022, gehen über zwölf Wertungstermine und enden im Mai 2023. Pro Serie gibt es ein Starterfeld von maximal 40 FahrerInnen, welche um den Schweizer Meistertitel 2023 für ihre Klasse kämpfen werden. Während in der Formel 3 pro Termin jeweils ein Sprintrennen über 20 Minuten und ein Feature Race über 40 Minuten gefahren werden, wird in der GT3-Klasse ein Rennen über 60 Minuten mit obligatorischem Boxenstopp ausgetragen.
Die Rennleiter und die offizielle Jury von Auto Sport Schweiz, mit Sportkommissaren aus dem realen und dem virtuellen Automobilsport, sorgen live während den Rennen für die Einhaltung des Reglements. Die Meisterschaften werden nach dem Internationalen Sportgesetz (ISG) der FIA, dem Nationalen Sportreglement (NSR) von Auto Sport Schweiz (ASS), den Bestimmungen der Nationalen Sportkommission (NSK) und dem Standardreglement für virtuellen Automobilsport in den Klassen Formel 3 und GT3 ausgeschrieben. Zur Teilnahme ist eine gültige SIMLizenz von Auto Sport Schweiz erforderlich.
Neu und ab 2022 gehören die beiden Simracing Schweizer Meisterschafts Serien von flanc.ch zur Swiss Simracing Series. Damit finden alle offiziellen Schweizer Meisterschaften unter einem gemeinsamen Dach statt. So können Synergien genutzt und den Simracerinnen und Simracern in übersichtlicher Form alle Möglichkeiten zur Teilnahme präsentiert werden. Bereits im Gang sind die die Schweizer Meisterschaften 2022 des Porsche eSports Carrera Cup und der Honda TCR Swiss Virtual Series. Anmeldungen für die Formel-3- und GT3-Meisterschaften sind ab sofort via www.simracingseries.ch oder www.flanc.ch möglich. Gekämpft wird über den Jahreswechsel hinaus um die Titel 2023.
Die Serien von flanc.ch richten sich primär an Simracerinnen und Simracer, die von Zuhause aus im eigenen Simulator teilnehmen wollen. Aber bei entsprechendem Angebot ist auch die Teilnahme aus einem Sim-Center möglich. Die Serien werden mit der Simulation iRacing ausgetragen.